Die Aktivierung der eigenen Daten für Ihre digitalen Kampagnen: Ein Leitfaden in vier Schritten

by Uwe Scheid
0 comment
Unternehmensdaten

In diesem Artikel zeige ich Ihnen vier einfache Schritte, um den Einstieg in die Nutzung Ihrer Unternehmensdaten für Ihre digitalen Marketingkampagnen zu erleichtern. Bevor wir in die Details dieser Schritte eintauchen, ist es wichtig zu verstehen, warum Sie sich überhaupt mit Ihren eigenen Daten auseinandersetzen sollten.

Warum Ihre eigenen Daten so wichtig sind

Wenn Sie im Online-Marketing aktiv sind, haben Sie wahrscheinlich von Begriffen wie „Cookie-Exit“ oder „Cookie-Deprecation“ gehört. Browser-Hersteller schränken zunehmend die Möglichkeit ein, Drittanbieter-Cookies zu setzen, was erhebliche Auswirkungen auf das Tracking des Nutzerverhaltens im Internet hat. Aber was genau steckt dahinter?

Cookies sind kleine Textdateien, in denen Webbrowser Informationen ablegen, die für verschiedene Zwecke verwendet werden können, wie das Messen von Seitenaufrufen oder Klick-Ereignissen sowie das Zuordnen von Browser-Anfragen zu einem Website-Besuch oder das Verfolgen von Website-Besuchen eines bestimmten Besuchers. Hierbei unterscheiden wir zwischen 1st-Party-Cookies und 3rd-Party-Cookies.

1st-Party-Cookies können nur von der ursprünglichen Website erkannt werden, von der sie stammen. Beispiele hierfür sind Warenkorbdaten in einem Online-Shop oder Einstellungen wie Sprache, Farbschema oder Login-Daten, die von Website-Besuchern festgelegt werden. Diese Art von Cookies sollten normalerweise nicht blockiert werden, da sie oft für den reibungslosen Betrieb der Webseite unerlässlich sind und die Benutzererfahrung verbessern, in den meisten Fällen ohne die Datenschutzintegrität zu beeinträchtigen.

3rd-Party-Cookies werden hauptsächlich verwendet, um das Surfverhalten von Nutzern über verschiedene Websites hinweg zu verfolgen. Sie ermöglichen die Erstellung von übergreifenden Nutzerprofilen und die Auslieferung von zielgerichteter, interessenbasierter Werbung. Sie dienen auch der Steuerung und Begrenzung von Werbekontakten (z.B. Frequency Capping) und der übergreifenden Erfolgsmessung von Werbekampagnen. Diese Art von Cookies ist daher hauptsächlich für Werbetreibende, Agenturen und Online-Werbevermarkter von Interesse.

Bereits 2019 begann Apple, seine eigene Datenschutztechnologie namens „Intelligent Tracking Prevention“ in seine Betriebssysteme zu integrieren und standardmäßig zu aktivieren. Andere Browser-Hersteller zogen nach, entweder mit ähnlichen Ansätzen (wie Firefox) oder mit Ankündigungen (wie Google), 3rd-Party-Cookies in Zukunft zu blockieren. Derzeit gehen wir davon aus, dass ab 2024 auch Google Chrome Drittanbieter-Cookies blockieren wird.

Für Werbetreibende und Vermarkter bedeutet dies, dass die derzeitigen Technologien und Prozesse zur Verfolgung des Nutzerverhaltens bald nicht mehr funktionieren werden. Daher ist es entscheidend, sich jetzt auf diese tiefgreifenden Veränderungen vorzubereiten, um nicht in zwei Jahren vor digitalen Herausforderungen zu stehen.

1st-Party-Daten: Ein wertvolles Gut

Ich persönlich bin ein Befürworter eines datenschutzorientierten Internets ohne 3rd-Party-Cookies. Dies fördert nicht nur das Wohl der Nutzer, sondern zwingt auch Marketingverantwortliche dazu, intelligentere und benutzerfreundlichere Strategien zu entwickeln.

Die meisten Unternehmen verfügen über umfangreiche 1st-Party-Daten, die sie selbst generieren. Diese Daten entstehen durch Interaktionen von Personen mit dem Unternehmen, sei es durch Website-Besuche, Newsletter-Anmeldungen, Downloads, Filialbesuche, Produktkäufe oder Reklamationen. Sie werden in Server-Logfiles, Analytics-Systemen, CRM-Systemen und Kassensystemen erfasst, sind auf Gewinnspiel-Postkarten, bei Messen oder Events zu finden. Auch Unternehmensumsätze, Lagerbestände und Marketingausgaben gehören dazu.

Die beiden wichtigsten Vorteile von 1st-Party-Daten sind für mich:

  • Sie basieren auf Informationen, die Kunden freiwillig bereitstellen, was sie vertrauenswürdiger macht als Daten, die beispielsweise von einer Vermarkter-Plattform stammen. Merke: Vermarkter wollen immer, dass mehr Geld auf Ihren Plattformen ausgegeben wird. Deswegen sind deren Analysesysteme hauptsächlich auf dieses Ziel ausgerichtet und wird tendenziell die eigene Plattform immer gut aussehen lassen.
  • Eigene Daten bieten mehr Kontrolle. Sie haben in der Hand wie sie mit diesen Daten arbeiten und wissen auch, wie sie erzeugt wurden. Mit technischer Unterstützung können Sie diese Daten gezielt zur Optimierung Ihrer Geschäftsprozesse nutzen.

Wenn dies die Vorteile sind, wo liegen dann die Herausforderungen? In den meisten Unternehmen sind diese Daten entweder unorganisiert, schwer zugänglich oder beides. Vor allem die Marketingabteilungen wissen oft nicht, wie sie 1st-Party-Daten effektiv in eine ganzheitliche Marketingstrategie einbinden können.

Strategie für 1st-Party-Daten: Vier Schritte zum Erfolg

Hier sind vier konkrete Schritte mit Beispielen, die Ihnen den Einstieg in die Aktivierung Ihrer eigenen Daten für Ihre Marketingkampagnen erleichtern.

  1. Identifizieren Sie die Systeme mit wertvollen 1st-Party-Daten

    Bevor Sie über Personalisierung sprechen können, müssen Sie eine Übersicht über alle Systeme erstellen, in denen Daten über Ihre Kunden gesammelt werden. Beispiele hierfür sind Ihre Website, Ihre App, Ihr CRM, Ihre CDP, E-Mails, Call Center, VoC-Plattformen, Vertriebs- und MarTech-Stacks. Erstellen Sie eine Liste dieser Systeme und der darin erfassten Datenpunkte, bevor Sie überhaupt anfangen, sich technische Beratung einholen.

    Um diesen Schritt besser zu verstehen, lassen Sie uns ein konkretes Beispiel betrachten. Angenommen, Sie betreiben ein Online-Einzelhandelsunternehmen, das Bekleidung verkauft. Sie möchten eine effektive Marketingkampagne erstellen, die sich auf die personalisierte Ansprache von Kunden konzentriert. Sie möchten zum Beispiel Kunden, die in der Vergangenheit Interesse an bestimmten Produktkategorien gezeigt haben, gezielt ansprechen und sie dazu ermutigen, erneut einzukaufen.

    Ihr Ziel ist es, die 1st-Party-Daten zu identifizieren, die Sie über Ihre Kunden in verschiedenen Systemen sammeln. Dann müssen Sie herausfinden, welche dieser Daten Sie benötigen, um personalisierten Kampagnen aufzusetzen und durchzuführen. Hier sind einige der potenziell relevanten Systeme:

    a.) Ihre Website: Ihre Website ist ein wichtiger Datenquelle. Sie sammeln Daten über das Verhalten Ihrer Kunden, wie Seitenaufrufe, Produktansichten, Warenkorbaktivitäten und Transaktionen.

    b.) Ihr CRM-System: In Ihrem Customer Relationship Management-System haben Sie Informationen über Kundenkonten, Kontaktinformationen, Einkaufshistorien und Kundensegmente.

    c.) Ihre E-Mail-Marketing-Plattform: Hier speichern Sie E-Mail-Abonnentenlisten und Daten über das E-Mail-Verhalten Ihrer Kunden, wie geöffnete E-Mails und Klicks auf Links.

    d.) Ihr Filialnetzwerk: Wenn Sie physische Filialen haben, können Sie Daten über Filialbesuche, Käufe und Kundeninteraktionen vor Ort erfassen.

    e.) Ihre App: Wenn Sie eine mobile App haben, sammeln Sie Daten über die App-Nutzung, Produktansichten und Käufe von App-Nutzern.

    f.) Soziale Medien: Wenn Sie in sozialen Medien aktiv sind, können Sie Daten über Interaktionen, Kommentare und Nachrichten von Kunden erhalten.

    g.) Kundenumfragen: Durch Kundenumfragen, sei es online oder offline, erhalten Sie direktes Feedback von Kunden.

    h.) Analytics-Tools: Web-Analytics-Tools wie Matomo oder Google Analytics liefern umfassende Informationen über das Verhalten Ihrer Website-Besucher.

    i.) Vertriebsdaten: Ihr Vertriebsteam hat Informationen über Verkaufszahlen, Kundenanfragen und Kundenfeedback.

    Um die 1st-Party-Daten in diesen Systemen zu identifizieren, erstellen Sie eine Liste der oben genannten Systeme und deren jeweilige Datenpunkte. Beispiele:

    Website:
    – Seitenaufrufe
    – Produktansichten
    – Warenkorbaktivitäten
    – Transaktionen

    CRM-System:
    – Kundenkonten
    – Kontaktinformationen
    – Einkaufshistorien
    – Kundensegmente

    E-Mail-Marketingplattform:
    – Abonnentenlisten
    – Geöffnete Mails
    – Klicks auf Links

    Filialnetzwerk:
    – Filialbesuche
    – Käufe vor Ort
    – Kundeninteraktionen

    App:
    – App-Nutzungsfrequenz
    – Produktansichten in der App
    – Käufe in der App

    Soziale Medien:
    – Kommentare
    – Interaktionen
    – Nachrichten von Kunden

    Kundenumfragen:
    – Feedback zu einzelnen Themenbereichen

    Analytics-Tools:
    – Website-Nutzung

    Vertriebsdaten:
    – Kundenanfragen
    – Verkaufszahlen
    – Verkaufsgebiete
  2. Entwickeln Sie Ihren Idealplan für die Nutzung Ihrer Daten

    Nachdem Sie die benötigten Daten und die Systeme identifiziert haben, sollten Sie einen Plan erstellen, wie Sie diese Daten nutzen möchten. Dies erfordert eine klare Vorstellung von den Taktiken und Strategien, die Sie unter Verwendung dieser Datenpunkte einsetzen möchten. 

    Bleiben wir weiter beim Beispiel des Online-Einzelhandels, der Modeartikel verkauft. Sie möchten Ihre Website für die Besucher personalisieren, um das Kundenerlebnis zu verbessern und die Kaufwahrscheinlichkeit zu erhöhen.

    Zuerst müssen Sie identifizieren, welche Ihrer 1st-Party-Daten für diese Personalisierung relevant sind:

    Besucherprofile: Informationen über Website-Besucher, wie ihre Präferenzen, vergangene Einkäufe und Verhaltensmuster auf Ihrer Website.
    Produktkategorien: Kategorisieren Sie Ihre Produkte und analysieren Sie, welche Kategorien ein Besucher auf Ihrer Website angesehen hat.
    Kaufhistorie: Analysieren Sie Informationen über vergangene Einkäufe, einschließlich gekaufter Produkte und Datum des Kaufs.
    Warenkorbdaten: Verfolgen Sie, welche Produkte sich im Warenkorb eines Besuchers befinden und ob ein Kauf abgeschlossen wurde.

    Jetzt entwickeln Sie Ihren Idealplan, um die Website-Erfahrung zu personalisieren:

    Produktempfehlungen: Basierend auf den Produktkategorien, die ein Besucher angesehen hat, zeigen Sie personalisierte Produktempfehlungen auf der Website an.
    Warenkorb-Erinnerungen: Wenn ein Besucher Produkte im Warenkorb hat, aber den Kauf nicht abgeschlossen hat, senden Sie ihm automatisch eine Erinnerungs-E-Mail mit den ausstehenden Produkten.
    Kaufhistorie-Anzeige: Zeigen Sie dem Besucher eine Übersicht seiner vergangenen Einkäufe auf der Website an, um ihn an seine bisherigen Interaktionen mit Ihrem Unternehmen zu erinnern.
    Angebots-Personalisierung: Bieten Sie personalisierte Sonderangebote oder Rabatte basierend auf den Interessen und Kaufverhalten des Besuchers an.
  3. Umsetzung der Taktik

    Nachdem der Idealplan entwickelt wurde, ist es an der Zeit, die notwendigen technischen und organisatorischen Schritte zu planen, um diese Personalisierungstaktiken umzusetzen. Dies kann die Integration eines Content-Management-Systems, die Implementierung von E-Mail-Marketing-Tools für Warenkorb-Erinnerungen und die Anpassung der Website-Oberfläche zur Anzeige der personalisierten Inhalte umfassen.

    Angenommen, Ihr Idealplan sieht vor, eine personalisierte E-Mail-Kampagne für Kunden zu erstellen, die in der Vergangenheit Produkte aus einer bestimmten Kategorie angesehen haben, um sie zu ermutigen, einen Kauf abzuschließen.

    Datenintegration
    Zuerst müssen Sie sicherstellen, dass Ihre 1st-Party-Daten aus verschiedenen Quellen korrekt in Ihrem E-Mail-Marketing-System integriert sind. Dies umfasst Daten wie Kunden-IDs, Produktkategorien, Zeitstempel für Produktansichten und Kontaktinformationen der Kunden. Implementieren Sie ein System, das die Verbindung zwischen den verschiedenen Datenpunkten herstellen kann, um Kunden eindeutig zu identifizieren. Dazu benötigen Sie eine eindeutige Kunden-ID, die es ermöglicht, einen Kunden über verschiedene Kanäle hinweg zu identifizieren.

    Zielgruppensegmentierung
    Verwenden Sie Ihre 1st-Party-Daten, um eine klare Segmentierung Ihrer Zielgruppe vorzunehmen. Identifizieren Sie Kunden, die Produkte aus der gewünschten Kategorie angesehen haben, aber noch keinen Kauf getätigt haben.

    Erstellung personalisierter E-Mail-Inhalte
    Erstellen Sie Texte, die auf die Interessen Ihrer Zielgruppen zugeschnitten sind. Verwenden Sie die Produktinformationen aus Ihren Daten, um Empfehlungen für ähnliche Produkte oder Sonderangebote zu machen.

    Automatisierung
    Richten Sie jetzt eine Marketing-Automatisierungskampagne in Ihrem E-Mail-Marketing-System ein, um die personalisierten E-Mails automatisch zu versenden. Stellen Sie sicher, dass die E-Mails zu den richtigen Zeitpunkten verschickt werden, basierend auf dem Kundenverhalten und den Zeitstempeln

  4. Überwachung und Optimierung

    Nachdem die Kampagne gestartet ist, überwachen Sie die Ergebnisse und passen Sie Ihre Taktik regelmäßig an. Analysieren Sie, wie Kunden auf die personalisierten E-Mails reagieren und welche Produkte am besten funktionieren. Optimieren Sie Ihre Kampagne kontinuierlich, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen. Verfolgen Sie Öffnungsraten, Klicks, Conversions und den Umsatz, der durch die E-Mail-Kampagne generiert wird.

    Basierend auf den gesammelten Daten und Erkenntnissen optimieren Sie Ihre E-Mail-Kampagne kontinuierlich. Passen Sie die Inhalte, die Versandzeitpunkte oder die Segmentierung an, um die Leistung zu steigern und bessere Ergebnisse zu erzielen.

    Im obengenannten Beispiel wurde die Taktik der personalisierten E-Mail-Kampagne erfolgreich umgesetzt, um Kunden, die bestimmte Produkte angesehen haben, gezielt anzusprechen und sie zum Kauf zu bewegen. Die Automatisierung ermöglicht es Ihnen, personalisierte Kommunikation in großem Umfang durchzuführen und gleichzeitig die Relevanz für die Kunden zu erhöhen. Die kontinuierliche Überwachung und Optimierung gewährleistet, dass Ihre Marketingbemühungen effektiv bleiben und sich weiterentwickeln, um den Bedürfnissen Ihrer Kunden gerecht zu werden.

Identifizieren und schließen Sie technologische Lücken

Nachdem Sie die ersten beiden Schritte abgeschlossen haben, sind Sie normalerweise gut vorbereitet, um die erforderliche Technologie zu bewerten. Leider überspringen viele Unternehmen diese Schritte und suchen sofort nach MarTech-Unternehmen, um ihre Probleme zu lösen, beziehungsweise lösen zu lassen. Dies führt oft zu Enttäuschungen, da die meisten Tools alle möglichen Versprechungen machen, aber in der Praxis nicht immer halten können.

Um Dienstleister oder Technologieanbieter auszuwählen ist es unabdingbar, dass Sie als Unternehmen im Vorfeld einen klaren Überblick darüber haben, welche Systeme bei Ihnen bereits vorhanden sind und welche Daten in diesen Systemen anfallen. Außerdem sollten Sie eine grundlegende Idee davon haben, welche Marketingziele Sie erreichen wollen. Diese Idee sollte schon etwas ausführlicher formuliert sein, als nur mehr Umsatz zu machen.

In der Realität benötigen Sie nicht nur verschiedene Tools und Systeme, um Ihre Ziele zu erreichen, sondern auch eine Möglichkeit, diese Systeme miteinander zu verknüpfen und Daten nahtlos auszutauschen. Die Vielfalt der verfügbaren Technologien kann eine Herausforderung sein, aber sie ist unerlässlich, um sicherzustellen, dass Sie in einer Welt ohne Cookies effektiv arbeiten können.

Einen Schritt voraus sein

Zusammengefasst: Das, was Marketingteams heute tun, wird in einem Jahr nicht mehr funktionieren. Es ist entscheidend, sich auf die Zukunft vorzubereiten und Ihre eigenen Daten als wertvolles Gut zu betrachten und auch zu nutzen.

Wenn Sie diese vier grundlegenden Schritte befolgen – identifizieren, planen, umsetzen und optimieren  – können Sie den Übergang zu einer datengesteuerten Marketingstrategie erfolgreich bewältigen. Bleiben Sie flexibel und lernbereit, um den sich ständig ändernden Anforderungen des digitalen Marketings gerecht zu werden.

Related Articles

WordPress Cookie Hinweis von Real Cookie Banner